“Taping Kinesiotaping”
Erinnern Sie sich an Deutschland gegen Italien im Halbfinale der EM 2012? Das 2:0 durch Italiens Stürmerstar Mario Balotelli? Und wie der Torschütze sich das Trikot vom Leib riss und seine maximal angespannten Muskeln herzeigte, in der Pose einer antiken Kriegerstatue?
Die Zuschauer sahen nicht nur Muskeln, sondern auch türkisfarbene Streifen, die über den ganzen Rücken verliefen. Das sind sogenannte Kinesio-Tapes. Streifen aus fein gewebter Baumwolle, die mit einem dünnen Film Acrylkleber versehen sind und wie eine zweite Haut an die Muskeln geheftet werden. Sie sind atmungsaktiv, hochelastisch und hautfreundlich.
Unzählige Athleten und Therapeuten schwören auf die Kinesio-Tapes. Knie-, Sprung- und Schultergelenke werden damit behandelt, ausserdem verspannte Rücken und Nacken, Tennis- und Golferarme. Auch bei Sehnenscheidenentzündungen und stumpfen Verletzungen wie Muskelfaserriss soll dank Kinesio-Tapes die Heilung schneller vorangehen.
Erfunden wurden das Kinesio-Tape 1979 vom japanischen Chiropraktor Kenzo Kase. Seine Idee: Die Schmerzsensoren befinden sich zwischen Epidermis und Dermis, also den obersten beiden Hautschichten. Wird die erste Hautschicht angehoben, fliesst das Blut schneller in die verletzte Region. Und bessere Durchblutung bedeutet schnellere Heilung.
Es gibt Tausende von positiven Berichten aus der Praxis. Wissenschaftliche Untersuchungen gibt es allerdings nur wenige. Neuseeländische Forscher, die die Wirkung von Kinesio-Tapes in einer Übersichtsstudie untersuchten, fanden nur wenige wissenschaftliche Belege und empfahlen weitere Studien. Die vorhandenen Daten zeigten, dass Kinesio-Taping anderen Formen des Tapens durch Physiotherapeuten nicht überlegen sei, so die Forscher.
Das ist eigentlich schon eine ganze Menge, denn es ist unbestritten, dass Klebebänder auf der Haut bei verschiedensten Störungen und Verletzungen wirken. Neben den elastischen Kinesio-Tapes wird in der Physiotherapie nämlich auch das klassische, starre Tape eingesetzt. Es schützt, stützt und schränkt die Beweglichkeit ein. Das ist durchaus erwünscht, denn nach Verletzungen hilft das starre Tape, das Gelenk zu stabilisieren. Gerade weil gewisse Bewegungen dadurch verunmöglicht werden, lassen sich Folgeprobleme wie Verspannungen vermeiden.